Andrea Riseborough: Oscar-Nominierung löst Überprüfung durch Academy aus (2024)

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Es war eine der größten Überraschungen bei der an Überraschungen nicht gerade armen Verkündung der diesjährigen Oscar-Nominierungen: Die britische Schauspielerin Andrea Riseborough, bekannt aus Filmen wie »Birdman« oder »Oblivion«, fand sich neben ihren als mehr oder weniger gesetzt geltenden Kolleginnen Cate Blanchett (»Tár«), Ana de Armas (»Blonde«), Michelle Yeoh (»Everything Everywhere All At Once«) und Michelle Williams (»The Fabelmans«) unter den fünf Anwärterinnen für den Oscar als beste Darstellerin wieder. Dabei gehörte weder der Film »To Leslie«, in dem Riseborough, 41, die Hauptrolle spielt, noch sie selbst zu den Favoritinnen bei Buchmachern, Kritikern oder den Nominierungen und Preisverleihungen der vergangenen Wochen, darunter die Baftas und die Golden Globes. Das Drama über eine alleinerziehende und alkoholkranke Mutter in den USA, die einen Lotteriegewinn verjubelt und obdachlos wird, lief im vergangenen Herbst in den US-Kinos an, spielte aber bis jetzt nur magere 27.300 Dollar ein. Außerhalb der USA war der Film bisher noch nicht zu sehen.

Beispiellos erfolgreiche Graswurzelkampagne

Trotzdem konnte sich Riseborough bei den rund 10.000 Mitgliedern der Oscar-Academy, davon rund 1300 in dieser Kategorie ausschlaggebende Schauspieler und Schauspielerinnen, gegen prominente Kandidatinnen wie Viola Davis (»The Woman King«) durchsetzen. Als Ursache gilt eine in Hollywoods Historie so gut wie beispiellos erfolgreiche Graswurzelkampagne. Ob dabei alles mit rechten Dingen zuging, ist eine Frage, die Hollywood nun anscheinend sehr beunruhigt und beschäftigt. Die Oscar-Academy wurde laut einem Bericht des Branchenblatts »Variety« von Anrufen und Anfragen förmlich überwältigt und plant nun offenbar für kommenden Dienstag eine Anhörung und eine Untersuchung der diesjährigen Oscar-Kampagnen an. Andrea Riseboroughs Name fiel bei dem Statement nicht, aber es dürfte klar sein, dass sich die Academy-Offiziellen vor allem die PR-Maßnahme zu ihren Gunsten genauer ansehen werden.

Andrea Riseborough: Oscar-Nominierung löst Überprüfung durch Academy aus (1)

Die war nur wenige Wochen vor den Nominierungen gestartet worden, um Aufmerksamkeit auf Riseboroughs Leistung zu lenken. Zahlreiche A-Promis der Branche, darunter ihre direkte Konkurrentin Cate Blanchett, aber auch Kate Winslet, Jane Fonda, Charlize Theron, Gwyneth Paltrow, Amy Adams und Edward Norton begannen auf ihren Social-Media-Kanälen Werbung für »To Leslie« zu machen. Nach einem Bericht der »Los Angeles Times« hatten zuvor Michael Morris, der Regisseur des Films, und seine Frau, die Schauspielerin Mary McCormack, berühmte Freunde und Bekannte angeschrieben und sie gebeten, den Film anzusehen und darüber zu berichten. Charlize Theron veranstaltete daraufhin im November eine Filmvorführung, Kate Winslet eine Fragerunde für Branchenangehörige. Viele Beiträge der Stars im Internet enthielten ähnliche Formulierungen, oft wurde »To Leslie« als »kleiner Film mit einem großen Herzen« gelobt.

Wie lautet überhaupt der Vorwurf?

Daran ist erst einmal nichts anstößig, dennoch kündigte die Academy laut »Variety« an, die Fairness der Bedingungen zu prüfen: »Wir führen eine Überprüfung der Kampagnenverfahren rund um die diesjährigen Nominierten durch, um sicherzustellen, dass keine Richtlinien verletzt wurden, und um uns darüber zu informieren, ob in einer neuen Ära der sozialen Medien und der digitalen Kommunikation Änderungen an den Richtlinien erforderlich sein könnten. Wir haben Vertrauen in die Integrität unserer Nominierungs- und Abstimmungsverfahren und unterstützen echte Graswurzelkampagnen für herausragende Leistungen«, heißt es in dem Statement. Eine formelle Beschwerde sei bisher nicht eingereicht worden, heißt es.

Die Frage ist auch, wen diese Beschwerde treffen würde – und worin genau der Vorwurf läge. Risebourogh selbst schien zunächst nicht persönlich in die Kampagne involviert gewesen zu sein. Michael Morris und Mary McCormack sind bei ihrer Hauruckaktion möglicherweise besonders aggressiv, aber nicht zwingend regelbrechend vorgegangen. »Variety« führt als mögliche Regelverletzung die Nummer 11 der Academy-Statuten an, der zufolge werbende Tweets und Postings keine »Verweise auf andere Nominierte« enthalten dürften. Jede Taktik, die die Konkurrenz durch Namen oder Titel hervorhebe, sei demnach ausdrücklich verboten.

Dagegen könnte zumindest die US-Schauspielerin Frances Fisher (»Titanic«) mit einem Instagram-Post vom 14. Januar verstoßen haben, in dem sie Riseboroughs Konkurrentinnen explizit nennt. Gegen die an selber Stelle aufgemachte Rechnung, dass es nur 218 von 1302 Schauspieler-Stimmen brauche, um Riseborough zur Nominierung zu verhelfen, sei jedoch laut »Variety« nichts einzuwenden. Ohnehin spricht nichts dagegen, auf unorthodoxe Weise Aufmerksamkeit auf eine offenbar sehr gute und gelungene Performance einer Schauspielerin zu lenken, die unterzugehen droht, weil man als Produzent eines Indiefilms nicht über die finanziellen Mittel eines größeren Studios verfügt. Allerdings ist unklar, wer die Kampagne für Riseborough, an der offenbar auch eine oder mehrere PR-Firmen beteiligt war, finanziert hat.

Was wären die Konsequenzen?

Im schlimmsten Fall könnte Riseborough ihre kostbare Nominierung aberkannt werden, doch das kam in 95 Jahren Oscar-Geschichte bisher nur neunmal vor, gilt also als höchst unwahrscheinlich. Vielmehr scheint es bei dem Aufruhr und Unmut in Hollywood eher um Sorgen der zahlreichen teuer bezahlten Publizisten und PR-Agenturen zu gehen, die in jeder neuen Oscar-Saison ihre Kampagnen mit den Studios und Managements akribisch planen.

Wenn das Graswurzelkonzept von »To Leslie« Schule macht und gezielt gesetzte Tweets und Posts von befreundeten Stars eine so große Wirkung entfalten, dann könnten traditionelle Prozesse und Prozeduren der Branche ausgehebelt werden und viele in der emsigen PR-Peripherie Hollywoods womöglich bald weniger Geld verdienen, so vermutlich die Befürchtung vieler.

Bitter für Andrea Riseborough: Ihre Chancen, den Oscar zu gewinnen, ohnehin nicht sonderlich groß, dürften durch die ganze Aufregung und das momentan noch diffuse Misstrauen gegen ihre Nominierung eher nicht steigen. Oder jetzt erst recht. Die Oscars werden am 12. März verliehen.

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